Warum nicht eine Reise nach Benfica?
Lissabon. Ein Reisebegleiter, Insel

Wer Benfica hört, denkt an sozialen Wohnungsbau, an Hochhäuser und Kleinindustrie, an Araber und Afrikaner, an weiße und schwarze Retornados, an das Centro Comercial Colombo, das größte Einkaufs- und Freizeitzentrum auf der iberischen Halbinsel, vor allem aber denkt er an den rotweißen Erstligisten Benfica Lissabon und das Estádio da Luz. Kaum vorstellbar, daß in diesem Teil am Nordwestrand der Stadt einmal beschauliches Landleben möglich war; bis in die fünfziger Jahre gab es hier wunderschöne Villen und weitläufige Quintas zwischen Weinbergen und Feldern; es war ein beliebtes Ausflugsziel der Städter, die sich wie Eça das Kaninchenragout „coelho guisado à moda da Porcalhota“ schmecken ließen. „Der Wagen rollte auf der Straße nach Benfica. Sie fuhren an Mauern vorbei, die die Landgüter umgaben und über die grüne Zweige ragten, an melancholisch stimmenden Gebäuden mit zerbrochenen Fensterscheiben, Wirtshäusern, über deren Eingang an einer Schnur ein Zigarettenpäckchen baumelte.“
So muß es auch noch ausgesehen haben, als 1942 Benficas großer Sohn António Lobo Antunes geboren wurde, der seiner alten Heimat mit der Trilogie Die Leidenschaften der Seele, Die natürliche Ordnung der Dinge und Der Tod des Carlos Gardel eine Liebeserklärung gemacht hat. Die Villa „lag an der Nummer drei der Calçada do Tojal, einer steilen Straße, die sich damals zwischen Landgütern und Bienenkörben verlor (Bienengesumm lag in der Luft, und der Tag bewölkte sich mit Flügeln), und die Zweige der Glyzinien, die über die brüchige Mauern quollen, berührten den Fußweg mit ihren Dolden.“ Wie Pessoas Mikrokosmos die Baixa ist, so ist Benfica Antunes’ Welt, die in seinen Romanen zu großer Literatur wird. „Mein Land, das sind 89000 km² mit Benfica als Mittelpunkt im schwarzen Bett meiner Eltern.“


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